Was ich in Hamburg über Tschechien erfahren habe // Von David Ripel
Die Hansestadt Hamburg ist eine pulsierende Metropole mit einem großen, alten Hafen. Seit jeher treffen sich hier Menschen aus ganz Europa, aus der ganzen Welt. Deshalb fiel es mir nicht schwer, Hamburg als Ort für mein On-Arrival Meeting zu wählen.
Wie ein On-Arrival Meeting läuft, darüber kann man auf unserem ahoj.info-Blog viel lesen. Aber manche Dinge kann man nicht so einfach mit Worten beschreiben. Gemeinsam mit einem Italiener aus Ravenna Pasta zu kochen, Gespräche über den Sinn des Lebens viersprachig zu führen oder eine abendliche Meditation auf Deutsch? Darüber zu schreiben erscheint mir nutzlos, weil man das einfach selbst erleben muss.
Jedoch gibt es Dinge, die es wert sind, mit euch zu teilen. Ich habe für euch interessante Bemerkungen gesammelt, die ihr im Folgenden lesen könnt:
Was sagten die Spanier (bzw. Katalanen) über Tschechien?
„Si, si, viele meiner Freunde sind nach Tschechien auf Erasmus gegangen.”
Für mich eine angenehme Überraschung war, dass Leute aus der katalanischen Stadt Girona neben Prag und Brünn noch andere tschechische Städte kennen. Was mich ganz besonders freut, ist: Sie lieben die tschechischen Städte. Sie benennen die Städte sogar als ihre beliebtesten Destinationen für einen erlebnis- und lehrreichen Aufenthalt. Die Gründe für die Beliebtheit eines Studiums/Aufenthalts in Tschechien sind eine hohe Qualität bei relativ geringen Lebenshaltungskosten. So sind zum Beispiel Restaurantbesuche und der ÖPNV sehr günstig, was bei den Student/-innen natürlich gut ankommt.
In Spanien (Entschuldigung, in Katalonien) weiß man offensichtlich, das Verhältnis zwischen niedrigen Kosten und hoher Qualität zu schätzen.
Was sagten die Franzosen über Tschechien?
Mit einem Wort: „rien”. Mit einem Satz: „Weißt du, wir in Frankreich sprechen nicht so oft über Osteuropa.”
Diese Bemerkung könnte uns leicht in unserem Vorurteil gegenüber den vermeintlich arroganten Franzosen bestärken, tut es aber nicht. Denn ich fand die Franzosen wirklich nett. Dank dem Sketch von Gad Elmaleh „Als ich begann zu rauchen”, der Musikkapelle Noir Désir oder der Filme mit Belmond ist es uns problemlos gelungen, uns näher kennenzulernen und viel Spaß zu haben.
Außerdem: Ich hoffe, dass einer der On-Arrival-Teilnehmer dank mir ein Buch von Milan Kundera lesen wird…
Was sagten die Österreicher über Tschechien?
„Viele Österreicher fahren nach Tschechien, um billig Zigaretten zu kaufen.”
In Tschechien sind die Kosten in vielen Bereichen des Lebens im Vergleich zu Österreich deutlich niedriger. Deshalb ist Tschechien ein beliebtes Reiseziel. Neben den niedrigen Kosten für Konsumgüter und Dienstleistungen lockt auch die tschechische Kultur. Da die Österreicher, die an dem On-Arrival Meeting teilnahmen, überwiegend aus der Umgebung von Linz kamen, kannten sie bereits die Schönheiten Südböhmens. Allen voran die Perle Krumau und das tschechische Savoir vivre.
Eine gemeinsame Sprache fanden wir zudem fast wörtlich: Die tschechischen Slangwörter wie kšeft (Geschäft) oder ksicht (Gesicht) stammen nämlich aus dem österreichischen Deutschen. Genauso wie unser anmutiges Wort aus Brünn lont (Land).
Was sagten die Polen und die Ukrainer über Tschechien?
„Ich will nicht sagen, dass du ein typischer Tscheche bist. Aber es war wirklich lustig mit dir. Damit entsprichst du dem ukrainischen Stereotyp eines klassischen Tschechen, nämlich lustig und gesellig zu sein in allen Lebenslagen.“
Die Teilnehmer aus Polen und aus der Ukraine stimmten überein, dass Tschechen für ewige Witzbolde gehalten werden, die alles mit Abstand und Humor betrachten. Deshalb betrachtet die ältere Generation die Tschechen ein bisschen von oben herab – einfach als Pepíci, denen es an Stolz und Ernst mangelt. Wiederum den Polen, die später geboren wurden, ist diese positive Einstellung zum Leben sympathisch (hierzu empfehlenswert sind Bücher und Artikel von Marius Szczygiel).
Am Ende unseres Meetings in Hamburg sind wir übereingekommen, dass niemand von uns ein typischer Vertreter seines Heimatlandes ist. Schließlich und endlich – habt ihr schon einmal (außer in anekdotischen Büchern) einen typischen Tschechen, Deutschen oder Juden getroffen?
Von David Ripel