L wie Literatur
Die tschechische Literaturgeschichte geht bis zu den Anfängen des Altkirchenslawischen im 9. Jahrhundert über das erste gedruckte Buch in den böhmischen Ländern, die „Trojanische Chronik“ im 15. Jahrhundert und die Anfänge einer nationalen tschechischen Kultur im 18. Jahrhundert zurück.
Aus dem 19. Jahrhundert sind zwei Größen zu erwähnen: Božena Němcová, die besonders für den Roman „Die Großmutter“ (Babička) und ihre Märchenbücher bekannt ist, und Karel Jaromír Erben, der mit seiner Sammlung alter böhmischer Sagen „Der Blumenstrauß“ (Kytice) sowie zahlreichen Märchensammlungen berühmt wurde. Der Beginn des 20. Jahrhunderts kann als Blütezeit der tschechischen Literatur bezeichnet werden. Zu dieser Zeit veröffentlichten Karel Čapek (zu seinem bekanntesten Werk zählt die freie Trilogie bestehend aus „Hordubal“, „Ein Meteor“ / Povětroň und „Ein gewöhnliches Leben“ / Obyčejný život), Jaroslav Hašek („Der brave Soldat Schwejk“ / Osudy dobrého vojáka Švejka) und Vladislav Vančura („Bilder aus der Geschichte des tschechischen Volkes“ / Obrazy z dějin národa českého) ihre berühmten Werke. Jaroslav Seifert erhielt für seine Poesie den Nobelpreis für Literatur (1984).
In Prag gab es einen großen Kreis deutschsprachiger Autoren, von denen Franz Kafka, Rainer Maria Rilke, Franz Werfel, Max Brod und Egon Erwin Kisch wohl am bekanntesten sind. Als Vertreterin und Mitbegründerin des heutigen Prager Literaturhauses deutschsprachiger Autor/-innen gilt Lenka Reinerová (www.prager-literaturhaus.com). Zu den bekanntesten Schriftstellern einer neuen Generation gehört Jaroslav Rudiš. Zu seinen Werken zählen u. a. „Der Himmel unter Berlin“ (Nebe pod Berlínem), „Die Stille in Prag“ (Potichu) und „Nationalstraße“ (Národní třída). Genauso wie andere Künstler/-innen hatten auch Literat/-innen unter den Repressionen des NS- und anschließend kommunistischen Regimes zu leiden. In der Normalisierungsphase nach 1968 kann man die Literatur in drei Kategorien unterteilen:
• „offizielle“ Literatur, die in staatseigenen tschechoslowakischen Verlagen erschien und sozusagen Sprachrohr des Regimes war.
• Samizdat-Literatur (wörtlich: Eigenverlag); sie galt als Insel der unabhängigen Kultur und Gedanken, besonderen Aufschwung erhielt sie mit der „Charta 77“.
• Emigrantenliteratur; Autor/-innen wie Jan Čep, Milada Součková, Ivan Blatný oder Milan Kundera (der seit 1993 nur noch auf Französisch schreibt). Der größte Teil der besten Werke wurde im Exil herausgebracht (z. B. im Verlag „68 Publishers“ in Toronto, den einer der bekanntesten tschechischen Schriftsteller, Josef Škvorecký, gegründet hat). Viele Autor/-innen schreiben heute zum Teil auf Deutsch (Ota Filip, Jiří Gruša, Pavel Kohout, Libuše Moníková).