Deutsch-tschechisches Auslandspraktikum: Online neue Wege gehen
Um trotz der Corona-Pandemie Auszubildenden ein Auslandspraktikum zu ermöglichen, bietet die Bundeseinrichtung Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch - Tandem erstmals die Förderung virtueller Begegnungen in der beruflichen Ausbildung an.
Die Coronakrise hat die Menschen in ihrem Bewegungsspielraum stark eingeschränkt. In Mitleidenschaft gezogen wurde vor allem die internationale Jugendarbeit, die neue Wege der Kommunikation finden musste. Tandem als Koordinierungsstelle initiierte zusammen mit der Staatlichen Fachschule für Produktdesign im bayerischen Selb und der Berufsschule für Design und Mode im tschechischen Prostějov ein berufliches Online-Praktikum, an dem Schüler:innen beider Länder teilnahmen. Diese neue Form des Austauschs bot beiden Seiten über die bloße Kommunikation zwischen den Ländern hinaus auch neue Aspekte in der beruflichen Ausbildung.
Seit über 20 Jahren führt Tandem Jugendliche in der Ausbildung aus Deutschland und Tschechien im Programm Freiwillige Berufliche Praktika zusammen. Die jungen Menschen sollen sich dabei kennenlernen, Vorurteile abbauen und auch von den unterschiedlichen Herangehensweisen und Inhalten der jeweiligen Ausbildung profitieren. Eigentlich wäre ein Praktikum anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Programms etwas Besonderes gewesen, hätte da nicht die Coronakrise das Zusammentreffen von jungen Menschen erschwert. Dadurch jedoch entstand die Idee eines virtuellen Praktikums. Die Lehrer:innen der beiden kooperierenden Schulen entwickelten zusammen ein gemeinsames Online-Projekt, an dem zwölf Schüler:innen aus Deutschland und zwölf aus Tschechien teilnahmen. Für die Koordinator:innen in den Partnerbüros von Tandem war das Online-Praktikum ein Erfolg. „Die beiden Schulen haben gezeigt, dass eine deutsch-tschechische Begegnung auch virtuell im Rahmen der Berufsausbildung erfolgen kann. Dabei konnten nicht nur Kontakte geknüpft, sondern auch neue handwerkliche Herangehensweisen voneinander geler
nt werden“, stellte Tandem-Mitarbeiter Marius Meier fest. Seine tschechische Kollegin Jarmila Půbalová freute sich, dass die anfängliche Skepsis gegenüber dem Online-Projekt nun nicht nur der Zufriedenheit über dessen Erfolg gewichen ist, sondern auch weitere virtuelle Projekte geplant sind, so zum Beispiel Ende 2021 im Bereich Gesundheitswesen.
Doch wie kann ein berufliches Praktikum online überhaupt stattfinden? Das Projekt begann mit einem virtuellen Treffen aller Teilnehmenden, bei dem sich die jungen Leute kennenlernen konnten. Die hier verwendete deutsch-tschechische Sprachanimation leistete dabei einen wesentlichen Beitrag zum Kennenlernen. Auch Termini aus dem Bereich der Fotografie wurden neu erlernt. Schon bei diesem ersten Treffen entstand bei den Auszubildenden das Interesse am jeweils anderen Land, an dessen Sprache und Kultur. Das Treffen fand auf der neuen Onlineplattform „DINA.international“ statt, das professionelles Simultandolmetschen während einer Videokonferenz möglich macht und im vergangenen Jahr von Fach- und Förderstellen der internationalen Jugendarbeit in Deutschland, zu denen auch Tandem zählt, ins Leben gerufen wurde.
Im Mittelpunkt des Online-Praktikums stand ein virtuelles Fotoprojekt mit dem Titel „Time of Corona“. Fotos aus dem Unterrichtsfach Fotografie wurden von den Schüler:innen in Deutschland und Tschechien im Onlineunterricht während des Corona-Lockdowns als Hausaufgabe angefertigt. Die Schüler:innen präsentierten sich anschließend die Bilder auf DINA. Dabei tauschten sie sich online aus und diskutierten auf Englisch verschiedene Herangehensweisen, wie zum Beispiel die Belichtung, den Blickwinkel, die Wirkung und die Entstehung des Bildes. Auf diese Weise wurden auch die Auswirkungen der Coronakrise auf die beiden Länder reflektiert. Zwischen den Online-Meetings arbeiteten die Schüler:innen mit Polaroid- sowie Digitalkameras am Thema.
Berufsschülerin Alina erklärte nach dem Projekt: „Ich fand es sehr interessant zu sehen, wie die Schülerinnen und Schüler der tschechischen Schule fotografieren. Sie gehen sehr kreativ und mutig an die Motive heran. Es hat mir große Freude bereitet, unsere Bilder gegenseitig zu zeige. Es war auf jeden Fall eine Inspiration.“ Teilnehmer Nick lobte ebenfalls: „Im Projekt wurden verschiedene, sehr interessante Corona-Bilder umgesetzt und debattiert. Es war abwechslungsreich, grenzübergreifende Erfahrungen und Interessen auszutauschen und zu sehen, wie andere Gleichaltrige mit Corona und Fotografie umgehen.“ Radim aus Tschechien würde das Praktikum auf jeden Fall empfehlen: „Man lernt Kommunikation, neue Kultur und Leute kennen. Wir haben unsere Kontaktdaten ausgetauscht und folgen uns gegenseitig auf Instagram.“ Und auch Vojtěch hat das Praktikum Spaß gemacht: „Es war klasse, mit Jugendlichen aus anderen Kulturen zu kommunizieren.“