Auslandspraktikum – ein Gewinn fürs ganze Leben
Nach der Corona-Pandemie starteten vier junge Auszubildende der Landwirtschaft aus Ostbayern mit einem Auslandspraktikum in Tschechien durch: Ihnen kam zugute, dass ihr Berufliches Schulzentrum schon seit fünfzehn Jahren eine enge Partnerschaft mit einer Fachoberschule im benachbarten Tschechien unterhält. Mit Unterstützung des Koordinierungszentrums Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch - Tandem konnten schon über 70 Auszubildende beider Schulen ihrer Berufsausbildung mit einem Auslandspraktikum im Nachbarland die Krone aufsetzen.
„Ich würde so ein Auslandspraktikum auf alle Fälle wieder machen. Man lernt dabei fürs Leben“, sagt Jakob Albrecht (17). Er ist einer von vier angehenden jungen Landwirten, die am Auslandspraktikum, welches das Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch - Tandem fördert und unterstützt, teilgenommen haben. Jakob Albrecht, Jonathan Schaller (17), Florian Männer (18) und Heinrich Puff (19), die das Berufliche Schulzentrum in Neustadt an der Waldnaab besuchen, verbrachten im Frühsommer 2022 zwei Wochen auf landwirtschaftlichen Betrieben in Tschechien, um dort Land und Leute, die Arbeit auf dem Betrieb und die tschechische Kultur kennenzulernen.
Die tschechische Partnerschule, das Gymnázium a Střední odborná škola in Plasy, wird im Gegenzug im Anschluss tschechische Auszubildende nach Neustadt schicken. Seit 15 Jahren pflegen die beiden Beruflichen Schulen den Austausch. 70 Auszubildende absolvierten seitdem insgesamt fast 300 Tage Auslandspraktikum im jeweiligen Nachbarland. Auch während der Pandemie waren die beiden Schulen über das Internet eng im Kontakt – jetzt endlich dürfen sie sich auch wieder an Austauschmaßnahmen beteiligen.
Persönliche und fachliche Weiterentwicklung
Die vier Jugendlichen sind übereinstimmend von dieser Erfahrung begeistert. Neben einer großen Portion Selbstbewusstsein gewannen sie auch neues Fachwissen, Kontakte ins Nachbarland sowie eine jede Menge Lebenserfahrung. Jonathan hatte die Landwirtschaft in Tschechien mit den großen Feldern und den großen Maschinen kennenlernen wollen. „Ich wollte erfahren, was in der Landwirtschaft in Tschechien anders ist, oder was gleichgemacht wird wie bei uns“, erklärt er. Interessant fand er dabei, „wie man hier in diesen großen Betrieben mit anderen Strukturen wirtschaftet.“ Er habe viele neue Erfahrungen für seine Zukunft gemacht. Die Menschen empfand er als sehr freundlich.
Florian hatte mit der Sprache keinerlei Schwierigkeiten: „Ich habe in der Realschule drei Jahre Tschechisch gelernt und hatte bereits Grundkenntnisse. Das war ein großer Vorteil.“ Der angehende Landwirt schätzt an dem Auslandspraktikum vor allem, dass er hier andere Erfahrungen als in Deutschland gewinnen konnte. Die jungen Landwirte bringen damit genau das auf den Punkt, was der Programmkoordinatorin von Tandem, Jana Kremling, so wichtig ist. „Die Auszubildenden bekommen bei diesem Austausch die Chance, neue berufliche Fertigkeiten zu gewinnen und ihre Fachkenntnisse zu erweitern“, sagt sie. Sie verweist dabei darauf, dass gerade die Berufsschülerinnen und Berufsschüler und Auszubildenden eine Zielgruppe darstellten, die beim internationalen Austausch oft vergessen werde. „Genau an diese Gruppe richtet sich unser Programm Freiwillige Berufliche Praktika!“
Gut betreut im Nachbarland
Tandem bietet mit dem Programm eine Rundumunterstützung an und ermöglicht den Berufsschülerinnen und Berufsschülern „eine ganz neue Erfahrung, allein für mehrere Wochen im Ausland zu sein“, erläutert Kremling. Am Anfang jedes von Tandem geförderten Praktikums finden zwei Vorbereitungstage mit Sprachanimation und Orientierung vor Ort statt. Dies erleichtere den jungen Menschen das Ankommen am Praktikumsort. Darüber hinaus bekommen sie praktische Tipps für den Arbeitsalltag und lernen mittels Sprachanimation sowohl den Grundwortschatz als auch Fachbegriffe für ihr Praktikum kennen. Jakob, Jonathan, Florian und Heinrich wurden bei ihrem Praktikum in Tschechien von Berufsschullehrer Matthias Zrenner begleitet. „Allen voran trägt ganz wesentlich die Gastfreundschaft mit dazu bei, die unsere Schüler auf tschechischer Seite immer wieder erleben dürfen!“. Was die Arbeit anbelange, würden die deutschen Berufsschüler von tschechischer Seite sehr hoch wertgeschätzt, da sie großes berufliches Vorwissen mitbrächten.
„Die jungen Menschen werden durch das Praktikum selbstständiger und kommen deutlich selbstbewusster zurück. Sie wissen, sie haben es geschafft, sich auf Englisch und gegebenenfalls mit Händen und Füßen zu verständigen. Sie lernen dabei unterschiedliche Arbeitstechniken und Methoden kennen, gewinnen grenzüberschreitende Mobilitätserfahrungen und haben somit bessere Chancen auf dem europäischen Arbeitsmarkt“, sagt Jana Kremling. Sie würde sich wünschen, dass jede Berufsschülerin und jeder Berufsschüler in Deutschland und Tschechien während seiner Ausbildung die Gelegenheit bekäme, ein berufliches Praktikum im Ausland zu absolvieren.
Durchweg positive Erfahrungen
Der frühere Berufsschullehrer Heinrich Müller ist von der Entwicklung des Programms „Freiwillige Berufliche Praktika“ sehr begeistert. „Mir war es wichtig, den Jugendlichen … eine Möglichkeit zu geben, ein anderes Land, Leute, berufliche Arbeit, Organisation der Betriebe und auch die Sprache besser kennenzulernen. Wie die Erfahrung gezeigt hat, wurden die Erwartungen der Praktikanten mehr als erfüllt. Freundschaften werden weiter gepflegt, gegenseitige Besuche, aber auch berufliche Tätigkeit im jeweiligen Nachbarland sind keine Seltenheit. Für Berufsschüler ist dieser Austausch einmalig in Bayern. Die positiven Aussagen der Eltern und Lehrer bestärkten mich, diesen Austausch weiter zu pflegen“, sagt der Studiendirektor im Ruhestand.
Mittlerweile sind die vier jungen Landwirte aus Deutschland Jakob, Florian, Jonathan und Heinrich wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt. Nach ihnen kamen sechs Berufsschüler der korrespondierenden tschechischen Schule Gymnázium a Střední odborná škola in Plasy nach Neustadt, um in verschiedenen Betrieben und verschiedenen Familien Land und Leute, Arbeitsweise und Kultur besser kennenzulernen.