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Freiwillige Berufliche Praktika

10 Jahre deutsch-tschechische Auslandspraktika im Nürnberger Tiergarten

Vier Wochen im Ausland leben und arbeiten, neue Fachkenntnisse erwerben und die eigenen Sprachkenntnisse verbessern: All das ermöglicht das Programm „Freiwillige Berufliche Praktika“. In Nürnberg wurde im Oktober das zehnjährige Jubiläum der Kooperation zwischen dem Tiergarten und einer Prager Berufsschule für Tierpfleger gefeiert.

Panzernashorn-Dame Sofie ist eine beachtliche Erscheinung. Ausgewachsene Weibchen werden bei einer Höhe von rund 1,60 Metern bis zu 1600 Kilogramm schwer. Filip streichelt vorsichtig über die Oberlippe des Tieres. Die Nashorn-Pflege gehört für Filip (18) und Tomáš (18) aus Tschechien zu den Highlights ihres Auslands-Praktikums im Tiergarten Nürnberg. Im Rahmen des Programms „Freiwillige Berufliche Praktika“ sammeln die beiden angehenden Tierpfleger aus Prag vier Wochen lang Berufserfahrung in Deutschland. Möglich gemacht hat das berufliche Praktikum für Auszubildende im Nachbarland das bundesweite Koordinierungszentrum Tandem, welches den Jugendaustausch zwischen Deutschland und Tschechien fördert. Seit 2013, also seit zehn Jahren, unterstützt Tandem die Kooperation zwischen der Berufsschule Střední odborná škola a Střední odborné učiliště in Prag und dem Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg.

„Zwischen Deutschland und Tschechien gibt es oft noch überraschend wenig Bezugspunkte“, sagt Daniel Nevaril, der seitens der Stadt Nürnberg unter anderem für die Städtepartnerschaft mit Prag zuständig ist und selbst fließend Tschechisch spricht. Mit dem Auslandspraktikum könne man Verbindungen schaffen. „Ohne den finanziellen Beitrag und die große persönliche Unterstützung durch Tandem wäre dieses Projekt gar nicht möglich“, betont Nevaril. Zum zehnjährigen Jubiläum überreicht Tandem-Mitarbeiterin Kateřina Holišová Partnerschaftsurkunden an die beteiligten Einrichtungen.

„Das Praktikum hat sich gut entwickelt“, sagt auch Gerhard Klopsch von der Verwaltung des Tiergartens, der die Kooperation von Beginn an betreut. Anfangs seien vor allem Berufsschülerinnen und -schüler aus Tschechien ausgewählt worden, die Deutsch als erste Fremdsprache belegt hatten. Das habe sich aber nicht unbedingt als gut erwiesen, erinnert sich Klopsch. Die jungen Leute hätten sich nicht getraut, Fehler zu machen oder Fragen zu stellen. Daher habe man beschlossen, Englisch als gemeinsame Sprachbasis zu wählen. Filip und Tomáš wollen ihre Zeit in Nürnberg aber auch nutzen, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Zu Beginn eines jeden Praktikums gibt es zwei Vorbereitungstage mit Sprachanimation und Orientierung vor Ort, um ersten Sprachkontakt zu bekommen. „Es war super, dass die Sprachanimateurin uns auch gezeigt hat, wie man sich in der Stadt zurechtfindet oder wie man Fahrkarten kauft“, finden die beiden.

„Tierpfleger ist mein Traumberuf“, sagt Tomáš. „Für mich ist das Praktikum eine großartige Gelegenheit zu lernen, wie in anderen Zoos mit Tieren gearbeitet wird.“ Für den jungen Tschechen ist es der erste längere Auslandsaufenthalt. „Bisher war ich nur eine Woche alleine im Urlaub, das kann man natürlich nicht damit vergleichen, vier Wochen im Ausland zu leben und zu arbeiten.“ Bei einem Auslandpraktikum müsse man seine Komfortzone verlassen und lernen, für sich selbst zu sorgen. Nürnberg mit seinem historischen Stadtzentrum gefällt Tomáš sehr gut. „Das ist eine der schönsten Städte, in denen ich bisher war – auch, was den Zoo angeht.“ Filip hat bereits ein rund dreiwöchiges Praktikum in Košice in der Slowakei gemacht, Nürnberg ist also sein zweiter Auslandsaufenthalt. „Ich bin neugierig darauf, Neues zu lernen und zu erfahren, welche Trends es in der Zootierhaltung gibt“, sagt er. Außerdem sei das Praktikum eine gute Chance, seine Deutschkenntnisse weiterzuentwickeln. Von den Tieren, mit denen sie in Nürnberg bisher zu tun hatten, gefallen den beiden – neben den Panzernashörnern – die Wisente, die Somali-Wildesel oder die Gelbrückenducker, eine kleine Antilopenart, besonders gut.

Während des Praktikums erhalten Filip und Tomáš Besuch aus der Heimat: Wie in den Vorjahren kommt Dana Holečková von der Berufsschule in Prag für einen Tag mit rund 60 Schülerinnen und Schülern nach Nürnberg. Fünf von ihnen stellen sich für die beiden Praktikumsplätze im kommenden Jahr vor. Gerhard Klopsch und Zoo-Pädagoge Christian Dienemann nehmen sich Zeit, mit den jungen Leuten zu sprechen und ihre Fragen zum Tiergarten und zum Praktikum zu beantworten. So erfahren sie etwa, dass es auch Tierarten gibt, mit denen die Praktikant:innen aus Sicherheitsgründen nicht arbeiten dürfen – etwa Löwen oder Tiger. Eine kleine Führung hinter den Kulissen, beispielsweise durch den Futterhof des Zoos, rundet das Programm ab. Für Dana Holečková ist das Auslandspraktikum eine Erfolgsgeschichte. „Am meisten loben alle Praktikantinnen und Praktikanten die Arbeit mit den Tieren und den freundlichen Umgang der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie fühlen sich hier in Nürnberg als Teil des Teams.“ Auch Gerhard Klopsch lobt das Engagement der Tierpflegerinnen und Tierpfleger, die sich viel Zeit für die Praktikanten nehmen würden. „Heute sind die jungen Leute auch viel lockerer und trauen sich, Fragen zu stellen“, freut er sich.

Im April 2023 gab es zum ersten Mal auch einen Austausch nach Tschechien: Zwei Schülerinnen der Ausbildungsrichtung Agrar-, Bio- und Umwelttechnologie von der Beruflichen Oberschule Nürnberg (BON) absolvierten ein zweiwöchiges Praktikum im Zoo in Prag. „Das war für sie ein super Erlebnis, sie schwärmen immer noch davon“, berichtet Fachbetreuerin Monika Mundel. „Es hat sie als Persönlichkeiten geprägt, sie sind erwachsener und selbstständiger geworden.“ Ein weiterer Vorteil sei, dass die Berufsschule Střední odborná škola a Střední odborné učiliště in Prag ein Internat sei, so dass die Praktikantinnen dort gut untergebracht und versorgt worden seien. Neben Tierpflegern werden dort nämlich auch Köche ausgebildet. Mundel und Schulleiterin Barbara Maier sind mit 28 Schülerinnen und Schülern ebenfalls in den Tiergarten gekommen, um persönliche Kontakte zur Partnereinrichtung in Tschechien zu knüpfen. Denn auch im kommenden April sollen wieder zwei Berufsoberschüler:innen aus Nürnberg zum Praktikum nach Prag fahren.

Daniel Nevaril hofft, dass der beidseitige Austausch intensiviert wird und sich zwischen den jungen Menschen aus Deutschland und Tschechien Freundschaften entwickeln. Auch Dana Holečková wünscht sich, dass das Praktikum in beiden Richtungen so gut weiterläuft. Um mehr Schülerinnen und Schülern die Chance auf eine Auslandserfahrung zu bieten, sucht sie nach weiteren Kooperationen mit Zoos in Deutschland.

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